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Weinbau wird fit für den Klimawandel

Wärmere Winter, heiße und trockene Sommer, örtliche Starkniederschläge: auch Winzerinnen und Winzer müssen sich mit den Herausforderungen des Klimawandels auseinandersetzen. Durch einen früheren Austrieb nach einem milden Winter droht z. B. Spätfrost, was die Reben erheblich schädigen kann. In langen trockenen Perioden geraten sie häufiger unter Trockenstress, wodurch sich u. a. weniger Beeren ausbilden. Starker Regen kann den Boden wegschwemmen und ein insgesamt milderes Klima begünstigt die Einwanderung neuer Schädlinge.

Das internationale Projekt LIFE VineAdapt soll Erkenntnisse für die Praxis liefern, um den Weinbau fit für den Klimawandel zu machen. Die Erhöhung der biologischen Vielfalt und die Anpassung der Weinbergbewirtschaftung sind dafür entscheidend. Acht Praxis- und Forschungspartner aus Deutschland, Frankreich, Österreich und Ungarn haben sich in dem Projekt zusammengeschlossen. Es wird mit Mitteln des europäischen Umweltprogramms LIFE sowie des Ministeriums für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten des Landes Sachsen-Anhalt kofinanziert. Die Landgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH fungiert als koordinierender Partner.

In einem internationalen Workshop in Sachsen-Anhalt wurden die Zwischenergebnisse des Projektes kürzlich vorgestellt. Zudem kamen namhafte Experten mit vielfältigen Vorträgen zu einem nachhaltigen Weinbau zu Wort. Außerdem erarbeiteten schließlich Winzerinnen und Winzer sowie Vertreter von Weinbauverbänden, wissenschaftlichen Einrichtungen und Behörden Empfehlungen für einen klimaangepassten Weinbau.

Empfehlungen für klimaangepassten Weinbau entwickelten Teilnehmerinnen und Teilnehmer des zweiten Workshop-Teils im Landesweingut Kloster Pforta in Bad Kösen. (Foto: Weinreiter/LGSA)
Foto: Empfehlungen für klimaangepassten Weinbau entwickelten Teilnehmerinnen und Teilnehmer des zweiten Workshop-Teils im Landesweingut Kloster Pforta in Bad Kösen. (Weinreiter/LGSA)

Um die biologische Vielfalt in Weinbergen zu erhöhen und um die Boden- und Wasserrückhaltung zu verbessern, wurden im Projekt LIFE VineAdapt in 44 Weinbergen standortangepasste Wildpflanzenmischungen in den Weinberggassen ausgesät. Es hat sich gezeigt, dass die Pflanzenvielfalt in diesen Weinbergen deutlich höher ist. Auch gab es mehr Marienkäfer und Spinnen, die Schädlinge vertilgen sowie mehr Wildbienen. Auch andere Forschungsprojekte ergaben, dass eine dauerhafte Vegetationsbedeckung zu weniger Bodenerosion und zu einer größeren Wildbienenvielfalt führt, wie Dr. Silvia Winter von der Universität für Bodenkultur in Wien bestätigte.

Im Projekt LIFE VineAdapt werden außerdem verschiedene Methoden zur Vermeidung von Pestiziden getestet, z. B. der Einsatz von Pelargon- und Essigsäure und die mechanische Bearbeitung des Unterstockbereichs. Dabei hat sich die mechanische Behandlung als effektivste und ökonomischste Variante erwiesen. Die Säureanwendungen waren zu teuer und mussten zu oft durchgeführt werden. Wie Weinbau ohne Pestizide funktionieren kann, erklärte Johannes Kiefer, Inhaber eines Weinguts in Eichstetten am Kaiserstuhl. Er setzt u. a. auf den Anbau robuster Rebsorten, sogenannten Piwis, auf eine Begrünung der Weinberggassen und Pflanzenstärkung mit natürlichen Substanzen wie z. B. Algen.

Darüber hinaus spielte das Thema ressourceneffiziente Düngung eine große Rolle. Im Projekt LIFE VineAdapt werden verschiedene Düngemethoden wie oberirdische mineralische Düngung, unterirdische mineralische Düngung und organische Düngung mit Schafwollpellets miteinander verglichen. Bisher haben sich aber keine nennenswerten Unterschiede zwischen den verschiedenen Methoden hinsichtlich Ertrag, Weinvitalität etc. gezeigt. Weitere Untersuchungen müssen folgen. Dr. Maximilian Tafel von der Hochschule Geisenheim führte aus, dass sich Winzerinnen und Winzer für mehr Biodiversität im Weinberg einsetzen, weil es ihnen um gesunde Reben geht. Die Voraussetzung dafür ist ein gesunder Boden, weswegen es sich lohnt, die minimalintensivste Düngemethode zu ermitteln. 

Im Projekt LIFE VineAdapt werden auch oberirdische und unterirdische Bewässerung miteinander verglichen. Es hat sich gezeigt, dass die Bewässerung keinen Einfluss auf die Pflanzenvielfalt, die Pflanzenzusammensetzung und das Wildbienenvorkommen hatte. Allerdings war die Bedeckung mit Blütenpflanzen geringer, weswegen in bewässerten Weinbergen auch weniger Spinnen, Wespen und Marienkäfer, also wichtige Schädlingsvertilger, vorkamen. Dr. Daniel Heßdörfer von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau unterstrich in seinem Vortrag, dass sich in seinen Forschungsprojekten eine moderate Bewässerung als die beste Variante herausgestellt hat und dass eine ressourcensparende Bewässerung immer noch die effektivste Methode zur Reduzierung von Trockenstress ist. Vor allem der Steillagenweinbau ist ohne Bewässerung bereits heute nur eingeschränkt möglich.

Schließlich sollen im Projekt LIFE VineAdapt die Leistungen, die der Weinberg als Ökosystem erbringt, also z. B. Traubenproduktion und Kohlenstoffspeicherung, bewertet werden. Prof. Dr. Markus Meyer von der Hochschule Anhalt empfahl in seinem Vortrag, die verschiedenen Ökosystemleistungen nicht einzeln, sondern zusammen zu betrachten.  

Eine interessante Möglichkeit, einen Doppelnutzen auf der Weinbergfläche zu erzielen, stellte Frederik Klodt vom Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg vor. Photovoltaik über Wein könnte eine weitere Einkommensquelle für Winzerinnen und Winzer sein, ist aber bisher nur mit Hilfe von Förderung wirtschaftlich. Auf den ersten Versuchsflächen wurden keine negativen Einflüsse auf Insekten, Vögel und Säugetiere festgestellt. Das Mikroklima sowie die Boden- und Wasserrückhaltung verbesserten sich sogar.

Für weitere Informationen und zum Download der Präsentationen des Workshops: www.life-vineadapt.eu/aktuelles